Urlaub und Recht = Stress

In letzter Zeit haben der Europäische Gerichtshof (EuGH) und ihm reflexhaft folgend das Bundesarbeitsgericht (BAG) neue Maßstäbe im ohnehin für juristische Laien kaum noch verständlichen Urlaubsrecht gesetzt.

So hat der EuGH im September 2022 entschieden, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei unterbliebenem Arbeitgeberhinweis nicht verjährt.

Und im Januar 2023 hat das BAG entschieden, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch verjährt.

Wie bitte?  

Rechtsanwalt Sendler: „Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub hat im Arbeitsrecht einen hohen Rang. Er steht unter dem Schutz der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 31 Abs. 2 GRCh) und ist in Deutschland mit zwingenden Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) im Interesse der Gesundheit der Arbeitnehmer:innen gesetzlich abgesichert.“

Demgegenüber entsteht der Urlaubsabgeltungsanspruch, so Rechtsanwalt Sendler, also der Anspruch auf Bezahlung nicht genommenen Urlaubs, in der Regel erst mit Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn also der Urlaubsanspruch durch Freistellung von der Arbeit nicht mehr verwirklicht werden kann. Es handelt sich um eine finanzielle Kompensation, die keinen Erholungs- bzw. Schutzzweck mehr erfüllen kann.

Mit Ende des Arbeitsverhältnisses, so das BAG, entfalle auch die strukturell schwächere Position der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers, aus der der EuGH die Schutzbedürftigkeit bei der Inanspruchnahme von Urlaub ableitet; ein Anspruchsverlust durch Verjährung sei daher hinnehmbar. Die dreijährige Verjährungsfrist für den Abgeltungsanspruch beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet.

Rechtsanwalt Sendler: „Demgegenüber kann der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder eines Übertragungszeitraumes (beispielsweise bis zum 31. März des Folgejahres) nur verfallen, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer zuvor rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass und wieviel Urlaub noch zur Verfügung steht und bis wann dieser genommen werden muss, um einen Verfall zu vermeiden.“

 Der Arbeitgeber muss beweisen, dass er diese Obliegenheit erfüllt hat, sonst tritt kein Verfall des Urlaubs ein.

Dies ist zwingendes Recht, soweit es um den gesetzlichen (Mindest-) Urlaubsanspruch geht. Über diesen Anspruch hinausgehender weiterer Urlaub, sogenannter vertraglicher Urlaub, kann anderen Regeln unterworfen werden, so Rechtsanwalt Sendler.

Ralph Sendler

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