Die zweite Säule des kollektiven Arbeitsrechts
Neben dem Tarifrecht ist das Betriebsverfassungsrecht die zweite wesentliche Säule des kollektiven Arbeitsrechts. Im Betriebsverfassungsrecht sind die rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, der die Interessen der Arbeitnehmer im Unternehmen vertritt, geregelt. Die wichtigsten Regelungen finden sich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dem Betriebsrat werden zwar umfangreiche Beteiligungsrechte eingeräumt, wichtige unternehmerische, vor allem wirtschaftliche Entscheidungen, soll aber nach wie vor der Arbeitgeber treffen.
Als Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg unterstütze ich Arbeitgeber, Betriebsräte und Unternehmen bei allen Fragen rund um die betriebliche Mitbestimmung, pragmatisch und rechtssicher.
Betriebsrat: Rechte und Grenzen
Ein Betriebsrat kann gemäß § 1 BetrVG grundsätzlich in Unternehmen mit mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern errichtet werden. Davon müssen wiederum drei Arbeitnehmer wählbar sein. Die Gründung eines Betriebsrats liegt dabei in den Händen der Belegschaft. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, auf die Errichtung eines Betriebsrats hinzuwirken. Er darf sich der Installation eines Betriebsrats aber auch nicht in den Weg stellen, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Unternehmensführung und Betriebsrat sind gemäß § 2 BetrVG zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zum Wohl des Betriebs und der Arbeitnehmer verpflichtet. Dabei sind die Interessen der Parteien naturgemäß oft unterschiedlich, so dass sich hier Konfliktpotenzial ergibt.
Beteiligungsrechte des Betriebsrats
Dem Betriebsrat stehen bei bestimmten Maßnahmen des Arbeitgebers Mitwirkungsrechte zu. Diese können je nach Sachverhalt unterschiedlich ausgestaltet sein:
Mitwirkungsformen
Dem Betriebsrat stehen verschiedene Formen der Beteiligung zur Verfügung, die je nach Eingriffsintensität unterschiedlich ausgestaltet sind:
- Informationsrechte
- Anhörungsrechte
- Beratungsrechte
- Mitbestimmungsrechte
- Widerspruchsrechte
Wirtschaftliche Angelegenheiten
Das Informations- und Beratungsrecht des Betriebsrats bezieht sich vorwiegend auf wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens. Dabei werden die grundlegenden Entscheidungen aber von der Geschäftsführung getroffen.
Personalplanung
Bei der Personalplanung hat der Betriebsrat hingegen ein Mitbestimmungsrecht in Form eines Zustimmungsverweigerungsrechts. Der Betriebsrat muss bei Einstellungen oder personellen Umgruppierungen hinzugezogen werden und kann seine Zustimmung verweigern. Ohne Zustimmung des Betriebsrats kann der Arbeitgeber geplante Maßnahmen wie Einstellungen oder Umgruppierungen nicht durchführen.
Kündigungen
Kündigungen kann der Arbeitgeber nicht ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats wirksam aussprechen; gewisse Kündigungen bedürfen sogar der Zustimmung des Betriebsrats.
Starke Mitbestimmungsrechte
Die stärksten Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat u.a. bei:
- Arbeitszeitregelungen
- Urlaubsplanung
- Gesundheitsschutz
- Verwendung technischer Einrichtungen zur Überwachung der Mitarbeiter
- Regelungen zur Lohnauszahlung
- Verhaltensmaßregelungen am Arbeitsplatz
Diese Rechte sind in § 87 BetrVG geregelt und begründen ein zwingendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
Einigungsstelle: Lösung bei Konflikten
Kommen Arbeitgeber und Betriebsrat zu keiner Einigung, kann eine Einigungsstelle angerufen werden. Deren Entscheidung ist bei zwingenden Mitbestimmungsrechten für beide Seiten verbindlich.
Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden; kommt über dessen Person eine Einigung nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht.
Um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, ist es empfehlenswert, frühzeitig rechtssichere Betriebsvereinbarungen zu treffen, die die Interessen beider Seiten berücksichtigen. Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht auf eine Einigung verständigen, muss eine Einigungsstelle angerufen werden, die dann entscheidet. Diese Entscheidung hat bei zwingenden Mitbestimmungsrechten für beide Parteien bindende Wirkung.
Um eine rechtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, sollten rechtssichere Vereinbarungen getroffen werden, die die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretung regeln.
Meine Leistungen im Betriebsverfassungsrecht
Ich unterstütze Sie bei der rechtssicheren und praxisnahen Gestaltung der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat, auch dort, wo arbeitsrechtliche und vertragsrechtliche Aspekte ineinandergreifen, etwa bei komplexen Betriebsvereinbarungen oder Interessenausgleichen. Ich berate u.a. zu:
- Gestaltung von Betriebsvereinbarungen
- Betriebsänderungen und Umstrukturierungen
- Sozialplan und Interessenausgleich
- Beratung zu personellen Einzelmaßnahmen
- Verfahren vor der Einigungsstelle
- Vertretung in gerichtlichen Verfahren
Kontaktieren Sie mich gerne für eine fundierte arbeitsrechtliche Beratung im Betriebsverfassungsrecht.
Häufig gestellte Fragen zum Betriebsverfassungsrecht
Das Betriebsverfassungsrecht regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Es bildet – neben dem Tarifrecht – die zweite zentrale Säule des kollektiven Arbeitsrechts und ist im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verankert. Ziel ist eine ausgewogene Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb, ohne die unternehmerische Entscheidungsfreiheit vollständig auszuschließen.
Ein Betriebsrat kann grundsätzlich in Betrieben mit mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern gebildet werden, von denen drei auch wählbar sein müssen. Die Initiative zur Gründung geht allein von der Belegschaft aus. Der Arbeitgeber darf eine Betriebsratswahl weder behindern noch erzwingen.
Je nach Thema stehen dem Betriebsrat unterschiedliche Mitwirkungsformen zu, von bloßen Informationsrechten bis hin zu echten Mitbestimmungsrechten. Besonders stark ausgeprägt sind diese etwa bei Arbeitszeitregelungen, Gesundheitsschutz oder beim Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen, wie in § 87 BetrVG geregelt.
Ja. Vor jeder Kündigung ist der Betriebsrat anzuhören. In bestimmten Fällen, etwa bei besonderen Kündigungsschutzkonstellationen, ist zusätzlich die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich. Ohne ordnungsgemäße Beteiligung ist die Kündigung unwirksam.
Kommt es bei mitbestimmungspflichtigen Themen zu keiner Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, entscheidet auf Antrag die Einigungsstelle. Ihre Entscheidung ist bei zwingenden Mitbestimmungsrechten für beide Seiten bindend und ersetzt die gescheiterte Einigung.
Mitwirkung bedeutet, dass der Betriebsrat informiert, gehört oder beraten wird. Allerdings hat er keine Entscheidungsgewalt. Mitbestimmung liegt vor, wenn bestimmte Maßnahmen ohne Zustimmung des Betriebsrats nicht umgesetzt werden dürfen. In diesen Fällen ist der Arbeitgeber auf das Einvernehmen mit dem Betriebsrat angewiesen oder muss gegebenenfalls die Einigungsstelle anrufen.
Rechtsanwalt Ralph Sendler berät Arbeitgeber, Betriebsräte und Unternehmen in allen Fragen der betrieblichen Mitbestimmung, von der Gestaltung rechtssicherer Betriebsvereinbarungen über Interessenausgleich und Sozialplan bis hin zur Vertretung vor Einigungsstellen oder Arbeitsgerichten