Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO: zwischen Transparenzrecht und arbeitsrechtlicher Praxis

Der Auskunftsanspruch: Herzkammer des Datenschutzes

Die Schöpfer des europäischen Datenschutzrechtes hatten die zunehmende Macht der Internet-Player wie Google, Facebook (jetzt Meta), Amazon usw. im Auge, als sie in der seit 2018 geltenden Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) den Anspruch auf Informiertheit der betroffenen Menschen über den Umgang mit ihren personenbezogenen Daten als das herausragende Recht verankerten.

Aus diesem Recht folgt denknotwendig der Anspruch auf Auskunft darüber, welche personenbezogenen Daten von wem zu welchem Zweck und wie verarbeitet werden. Dieses Recht ist bereits in der Grundrechtscharta in Art. 8 Abs. 2 S. 2 GrCh normiert worden.

Rechtsanwalt Sendler: „Zum besseren Verständnis müssen zunächst die beiden „Hauptdarsteller“ der DSGVO vorgestellt werden: Das ist zum einen der Verantwortliche, den die DSGVO als die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle bezeichnet, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.

Die Betroffene oder der Betroffene ist die natürliche Person, deren personenbezogene Daten verarbeitet werden. Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen.“

Inhalt und Umfang der Auskunft nach Art. 15 DSGVO

Die Verfasser der DSGVO haben es als essenziell angesehen, dass Betroffene jederzeit das Recht haben, von Verantwortlichen Auskunft über das Ob und Wie der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu erhalten. Dieses Recht besteht im Kern aus zwei Komponenten, nämlich der Informationspflicht im Vorfeld der Datenverarbeitung und der Pflicht zur Auskunft durch den Verantwortlichen anlässlich der Datenverarbeitung. Zur Erfüllung dieser Pflichten sind Verantwortliche insbesondere durch das Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten (VVT) und die technischen und organisatorischen Maßnahmen (TOM) verpflichtet, die dokumentieren, wie Datenschutzprozesse im Unternehmen umgesetzt werden.

Das hier in Rede stehende Recht auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO ermöglicht es den Betroffenen, Transparenz darüber zu erhalten, ob personenbezogene Daten gespeichert werden, wie sie verarbeitet werden und wer Zugriff darauf hat. Die Auskunft beinhaltet also zunächst einmal eine zu beantwortende Frage, ob überhaupt durch den Verantwortlichen Daten des Betroffenen verarbeitet werden.

Anwalt Sendler: „Man darf als Verantwortlicher allerdings nicht den Fehler begehen, nicht zu reagieren, wenn keine Daten der anfragenden Person verarbeitet werden. Dies wäre ein Datenschutzverstoß. Denn eine Auskunftsanfrage muss stets beantwortet werden, und sei es negativ.“

Welche Informationen muss die Auskunft konkret umfassen?

Werden Daten der anfragenden Person verarbeitet, dann muss die Auskunft Informationen zu folgenden Fragen beinhalten:

  • die Verarbeitungszwecke
  • die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden (z.B. Adresse, Religion, Bankdaten)
  • die Empfänger, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern
  • die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden sollen
  • das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung
  • das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde
  • wenn die personenbezogenen Daten nicht beim Betroffenen erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten
  • Hinweis, ob Automatisierte Entscheidungsfindung einschließlich Profiling stattfindet.

Gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO hat der Betroffene einen Anspruch auf Überlassung einer Kopie der Informationen. Dieser Anspruch besteht nicht automatisch, sondern muss ausdrücklich geltend gemacht werden.

Grenzen des Auskunftsanspruchs: Rechtsmissbrauch und Beschränkungen

Nach Art. 12 Abs. 5 S. 2 DSGVO kann der Verantwortliche bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anträgen einer betroffenen Person sich weigern, tätig zu werden.

Rechtsanwalt Sendler: „Diese Fälle des Rechtsmissbrauchs sind allerdings Ausnahmefälle. Auch kollidierende Interessen anderer können dem Auskunftsverlangen entgegenstehen. Ebenso gibt es weitere Beschränkungen, die sich aus nationalem Recht, bei uns also dem Bundesdatenschutzgesetz (§§ 27 ff. BDSG) ergeben (z. B. bei Bestehen von Schweigepflichten von Berufsgeheimnisträgern).“

Da der Auskunftsanspruch, wie dargestellt, von zentraler Bedeutung im gesamten Datenschutzrecht ist, wundert es nicht, dass wöchentlich Urteile verschiedenster Gerichtsbarkeiten veröffentlicht werden über die Anspruchsvoraussetzungen und die Tragweite des Auskunftsanspruches. Ausgangspunkte solcher Streitigkeiten liegen im öffentlichen Recht ebenso wie im Zivilrecht und im Arbeitsrecht, demzufolge gibt es umfangreiche Rechtsprechung der Instanzgerichte, aber auch der Obergerichte (Bundesgerichtshof, Bundesarbeitsgericht usw.) bis hin zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). Unter anderem hat auch das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 2023 wesentliche Leitlinien zum Auskunftsrecht formuliert.

Rechtsanwalt Sendler: „Häufig wird der Auskunftsanspruch zur „Waffe“ von Arbeitnehmern in arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen. Denn nach der gegenwärtigen Rechtsprechung der Obergerichte ist der Auskunftsanspruch extrem weitreichend und erfasst beispielsweise auch betrieblich veranlasste Mailkorrespondenz der vergangenen Beschäftigungsjahre eines Arbeitnehmers. Eine Personalabteilung kann daher mit der Erfüllung eines Auskunftsanspruchs vorübergehend lahmgelegt werden. Dieses Palaver lassen sich Arbeitgeber häufig durch Aufstockung des Abfindungsanspruches im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses abkaufen.“

Verzicht und Abbedingung des Auskunftsanspruchs

In diesem Kontext stellt sich häufig die Frage, inwieweit auf den Auskunftsanspruch verzichtet werden kann. Diese Fragestellung muss unter zwei Blickwinkeln erörtert werden:

Anwalt Sendler: „Zu unterscheiden ist zwischen dem Verzicht auf den Auskunftsanspruch und dessen Abbedingung. Letzteres ist auf die Unterlassung zukünftiger Geltendmachung gerichtet, wohingegen der Verzicht für Ansprüche aus der Vergangenheit gilt. Demgemäß spielt der Verzicht in arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen immer wieder eine Rolle, nämlich bei der Frage, ob eine sogenannte Generalquittung, also der Verzicht auf alle wechselseitigen Ansprüche im Rahmen eines Vergleiches, auch den Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO erfasst.“

Offene Fragen und aktuelle Entwicklungen

In der Rechtsprechung zeichnet sich eine Tendenz ab, dass ein Verzicht auf den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch in einem Vergleich möglich sein soll. Maßgeblich für diese Auffassung sei nach Ansicht einiger Gerichte das Recht auf Selbstbestimmung und Privatautonomie der Parteien, was sich bereits darin ausdrücke, dass die DSGVO Einwilligungserklärungen der Betroffenen zulasse.

Ähnlich wird dies auf Seiten der Aufsichtsbehörden gesehen, der Verzicht wird im Hinblick auf die Selbstbestimmung der Betroffenen akzeptiert.

Rechtsanwalt Sendler: „Demgegenüber halten sowohl die Aufsichtsbehörden als auch der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) daran fest, dass der Auskunftsanspruch aus der DSGVO nicht durch vertragliche Vereinbarungen für die Zukunft ausgehebelt werden darf. Für nicht absehbare Datenverarbeitungen in der Zukunft müsse dem Arbeitnehmer die Möglichkeit der Auskunft bei dem Verantwortlichen (Arbeitgeber) erhalten bleiben. Die Rechtsprechung hat sich bisher noch nicht abschließend zur Möglichkeit der Abbedingung des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO geäußert, lediglich in einem Nebensatz führt das Oberverwaltungsgericht Saarlouis (Urteil vom 13. Mai 2025, Az.: 2 A 165/24) aus, dass ein Abbedingen für die Zukunft eher als unzulässig anzusehen sei, da ansonsten das Auskunftsrecht leerliefe und nicht mehr effektiv durchgesetzt werden könne.“

Empfehlung

Leider fehlt bislang ein lange erwartetes Urteil des EuGH zur Abdingbarkeit des Auskunftsanspruches nach Art. 15 DSGVO.

Anwalt Sendler: „Es ist jedenfalls zu empfehlen, im Fall eines arbeitsgerichtlichen Vergleichsschlusses in der sogenannten Generalquittung ausdrücklich aufzunehmen, dass diese auch Auskunftsansprüche nach Art. 15 DSGVO für die Vergangenheit erfassen sollen, darüber hinaus empfiehlt es sich für Arbeitgeber, Auskunftsansprüche, die an das Unternehmen gerichtet werden, ausschließlich auf Geschäftsleitungsebene zu handhaben, da die Aufsichtsbehörden Fehler oder Versäumnisse bei der Auskunftserteilung hart sanktionieren.“

Unternehmen stehen bei Auskunftsansprüchen häufig vor organisatorischen und rechtlichen Herausforderungen. Ich bin Fachanwalt für Arbeitsrecht, zertifizierter Datenschutzbeauftragter und Datenschutzauditor und unterstützte Sie bei der Prüfung, Formulierung und Umsetzung von Auskunftsverfahren sowie bei der Gestaltung von Vergleichsvereinbarungen im Arbeitsrecht.

Häufig gestellt Fragen zum Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO

Der Auskunftsanspruch gewährt Betroffenen das Recht, vom Verantwortlichen zu erfahren, ob und wie ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden. Dieses Kernrecht der DSGVO soll Transparenz schaffen und ist Ausdruck des Grundrechts auf Datenschutz nach Art. 8 Abs. 2 GrCh.

Der Verantwortliche ist die Stelle, die über Zweck und Mittel der Datenverarbeitung entscheidet, z. B. ein Unternehmen oder Arbeitgeber. Der Betroffene ist die natürliche Person, deren personenbezogene Daten verarbeitet werden, etwa ein Arbeitnehmer oder Kunde.

Die Auskunft muss u. a. Angaben zu Verarbeitungszwecken, Datenkategorien, Empfängern, Speicherdauer, Berichtigungs- und Löschungsrechten, Beschwerdemöglichkeiten und ggf. zur Herkunft der Daten enthalten. Außerdem ist mitzuteilen, ob eine automatisierte Entscheidungsfindung oder ein Profiling stattfindet.

Ja. Auch in diesem Fall ist eine negative Auskunft erforderlich. Ein Schweigen wäre selbst ein Datenschutzverstoß, da jede Anfrage beantwortet werden muss.

Ja, bei offenkundig unbegründeten oder exzessiven Anträgen darf der Verantwortliche die Bearbeitung verweigern (Art. 12 Abs. 5 S. 2 DSGVO). Außerdem können nationale Vorschriften, wie etwa § 29 BDSG, den Anspruch beschränken, etwa bei Geheimhaltungspflichten.

In arbeitsgerichtlichen Verfahren wird das Auskunftsrecht häufig taktisch eingesetzt, um Arbeitgeber unter Druck zu setzen. Die Rechtsprechung erkennt weitreichende Auskunftspflichten an, u.a. auch zu dienstlichen E-Mails aus früheren Beschäftigungsjahren.

Ein Verzicht ist grundsätzlich nur rückwirkend möglich, also für die Vergangenheit, etwa im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs. Eine Abbedingung für die Zukunft wird überwiegend als unzulässig angesehen, da sie das Grundrecht auf Datenschutz aushöhlen würde.

Auskunftsersuchen sollten zentral auf Geschäftsleitungsebene bearbeitet und dokumentiert werden. In Vergleichen sollte klar geregelt werden, ob der Auskunftsanspruch für die Vergangenheit abgegolten ist. Fehler oder Versäumnisse können von Aufsichtsbehörden streng geahndet werden.

Ralph Sendler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Datenschutzbeauftragter Hamburg

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